Website-Icon miasraum

Unikram bildet manchmal nicht nur, sondern ist auch mal lebenshilfreich!

Uni, Studium heisst häufig lesen, lernen, machen, tun. Es heisst oft Stress und es heisst Bücher wälzen, rausschreiben, sich Dinge in den Kopf hauen, die man manchmal auch gar nicht will oder manchmal auch gar nicht versteht. Heute wurde ich mal überrascht. Da sass ich nun. Schwitzend, lernend, motivationslos und meine Laune war im Keller. Wieder mal ein Tag voller Theorie, die ich mir merken musste. Mein Handgelenk schmerzte vom Mitschreiben. Draußen vor dem Fenster schien die Sonne. Da wäre ich gerne gewesen. Hätte gerne etwas Vitamin D getankt, mich des Lebens erfreut und das Sein genossen, aber ich war ja gefangen. Gefangen zwischen Büchern. Gefangen zwischen Worten, die auf mein Haupt einprasselten, die ich zwischendurch im Handy nachschlagen musste, um die Bedeutung derer in Erfahrung zu bringen. Etwas traurig war das ja schon. Bis zu dem Punkt, an dem ich doch wieder wach wurde. Bis zu dem Punkt, der mich fesselte, der mir dann das Gefühl gab, dass ich doch zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Eine Frage, die gestellt wurde, die mich festhielt, die mich bis jetzt nicht mehr losließ:

Und nun ihr Lieben, die Aufgabe ist simpel: Professor XY eben:-) : Denkt darüber nach und setzt euch mit dieser Thematik auseinander: Denkt über den Tag nach, an dem ihr eure größte Enttäuschung erlebt habt! Mehr gibt es heute nicht!

Ich muss dazu sagen ich studiere etwas, was in die literarische Richtung geht. Zu erklären was genau, da komme ich vielleicht noch drauf. Aber das mal als Info vorab!

Ob die Frage ernstgemeint war, weiss ich nicht. Ob die Frage inspirierend gemeint war, weiss ich auch nicht. Mich zumindest hat sie dazu bewegt diesen Text jetzt und hier zu verewigen. Ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht. Ich habe beim Einkaufen darüber nachgedacht, beim Duschen, beim gemeinsamen Essen mit einem meiner besten Freunde. Die Frage ließ mich nicht los.

Nicht nur die Frage auch die Formulierung der Frage: Einen Tag im Leben auszuwählen, an dem ich meine größte Enttäuschung erlebte. Nicht nur die größte Enttäuschung überhaupt, sondern einen Tag, ein Datum zu wählen, an dem ich die größte Enttäuschung meines Lebens erlebt habe.

Ich war schon fast am Aufgeben, aber dann fiel es mir ein. Tatsächlich ist es mir gelungen meine größte Enttäuschung, die ich im Leben erlebt habe auf einen Tag genau zu legen. Ich habe viele Enttäuschungen in meinem Leben erlebt. Ich wurde teilweise enttäuscht vom Leben. Ich wurde enttäuscht vom Tod. Ich wurde enttäuscht von Partnern, von Freunden, von meiner Familie. Immer mal, hier und da. Das ist sicher normal. Das Leben ist eben so und jeder Mensch erlebt diese Enttäuschungen und dennoch kann ich die größte Enttäuschung meines Lebens an einem Datum festhalten.

Ich möchte das jetzt und hier gerne teilen und es mag überraschen und mag auch beschämend sein, aber wenn ich es hier nicht von mir geben kann, wo sonst?

Die größte Enttäuschung meines Lebens erfuhr ich in diesem Jahr. Es liegt schon ein paar Monate zurück, aber es war wirklich mit Abstand das Schlimmste, was ich bisher erfahren musste. Es gibt Dinge im Leben, die einfach passieren und darauf haben wir keinen Einfluss. Ich habe mir viele Dinge, die mir im Leben widerfahren sind nicht ausgesucht und deswegen habe ich mir verziehen, aber es gibt auch Dinge im Leben, die wir durchaus steuern können und manchmal machen wir alles falsch. In meinem Fall geht es tatsächlich um meine letzte Trennung. Mein Freund und ich haben uns sehr oft gestritten. Wir wussten beide, dass es so für uns nicht weitergehen kann.Wir hielten zwar aneinander und an der Beziehung fest, aber es war klar, dass es so nicht weiter gehen kann und darf. Wir haben uns tierisch gezofft. Immer und immer wieder. Nicht nur ein wenig, sondern gewaltig. Es war schrecklich. Irgendwann habe ich mich eines Abends mit meiner besten Freundin furchtbar betrunken und meinen Freund nachts in diesem Zustand angerufen. Ich war alles andere als freundlich und peinlich war ich auch! Er hörte sich alles an, alles was ich ihm an Gemeinheiten an den Kopf warf. Am nächsten Morgen tat mir alles entsetzlich leid und ich fühlte mich miserabel, nicht nur körperlich. Ich wollte mich entschuldigen, es am Liebsten rückgängig machen, aber ich habe ihn nicht erreicht. Am Abend kam er dann zu mir. Ich habe versucht mit Engelszungen auf ihn einzureden, aber es war zu spät, es war vorbei. Er trennte sich von mir. Mit recht, wie ich heute denke.

Ich war ein Trampel, ein gemeiner und gräßlicher Mensch. Nicht weil ich als Mensch so wirklich bin, aber mein Verhalten war gräßlich. Ich hätte dies niemals tun dürfen und vor allem nicht in dem Zustand. Ich hatte Erwartungen, Forderungen an meinen Freund, die er niemals erfüllen konnte, die kein Mensch auf der Welt erfüllen konnte und musste. Ich wollte ihn nach meinen Wünschen formen und biegen. Ich wollte, dass er so ist, wie ich ihn gerne gehabt hätte. Das war mies. Der größte Fehler überhaupt. Das Schlimmste war diese Erkenntnis. Ich, die immer predigte: Man muss die Menschen sein lassen, wie sie sind. Man muss die Menschen akzeptieren, wie sie sind. Ausgerechnet ich selbst war nicht in der Lage mich an meine eigenen Regeln zu halten, erwartete aber von allen andern, dass sie es taten. Dies in Erfahrung zu bringen, es zu erkennen und zu sehen war das Schlimmste überhaupt für mich.

Das wir manchmal scheitern und uns geschlagen geben müssen ist eine Sache und bei vielen Dingen, die uns im Leben widerfahren ist das eben so. Das entzieht sich manchmal unserer Kontrolle. Niemand scheitert gerne, aber es ist manchmal eben unausweichlich. Ich habe mir immer erlaubt auch mal zu scheitern, bis auf: Bei einer Sache wollte ich das niemals. Ich wollte als Mensch niemals versagen. Ich wollte als Mensch niemals scheitern. An diesem Abend, in dieser Nacht bin ich menschlich gescheitert. Nicht weil meine Beziehung in die Brüche ging, sondern weil ich als Mensch das war, was ich niemals sein wollte. Diese Erkenntnis war erschlagend. Die Trennung fiel mir dadurch nur noch schwerer, denn es war menschliches Versagen und das auch noch von meiner Seite. Seit diesem Vorfall arbeite ich sehr an mir und ich halte mich seitdem an meine Regeln, denn dieses Gefühl möchte ich nicht noch einmal erleben. Ich darf durchaus auch in allen Bereichen meines Lebens scheitern und die weisse Flagge hissen, aber als Mensch möchte ich niemals mehr versagen, denn das ist unverzeihlich.

Die mobile Version verlassen