Erinnerung 3

Und wieder bin ich hier.

Sitze, warte, grüble.

Die Sekunden schleichen still und stumm dahin.

Trompetenklänge armer Straßenmusiker drängen von dunklen, regennassen Straßen in meine lichtüberflutete Wohnung.

Ich bin zuhause.

Das ist für dich und niemanden zu übersehen.

Verstreute, selbstverfasste Gedichte bedecken den kalten Holzboden.

Nur für dich sind sie gemacht.

Nur für dich wurden sie erschaffen.

Unbeachtet von dir liegen sie da.

 

Kindergeschrei aus dem zweiten Stock dringt durch die dünnen Wände zu mir durch.

Vermischt sich mit meinem Geschrei in meinem Kopf.

Der Geruch von frisch gekochtem Kaffee hängt schweigend in der Luft,

ist heute Nacht mein einziger Freund.

 

Sekunden, Minuten meines toten Lebens verstreichen zusehends.

Ab und an das Aufflackern der Flamme des Feuerzeugs.

So viel geraucht, solange gewartet, so viel gegrübelt.

 

Mein Fenster zeigt mir die Welt in Bildern.

Alles trübe, dunkel, grau.

Hektische Menschen, die den Regen verfluchen,

vor ihm zu fliehen versuchen.

Dich sehe ich nicht.

 

Orangefarbenes Licht der Straßenlaternen beleuchtet die leeren Bürgersteige.

Auch da stehst du nicht.

 

Überfüllte Fahrzeuge fahren an meinem Haus vorbei,

verspritzen das Wasser der vollgelaufenen Pfützen in alle Richtungen.

Auch darin sitzt du nicht.

 

Sollten dem Himmel die Tränen ausgehen,

ich habe noch genug von ihnen.

Doch nur für dich sind sie bestimmt.

Ich werde sie dem Himmel nicht schenken,

ich schenke sie nur dir.

 

Die winterliche Kälte lässt mich frieren

und du

lässt mich erfrieren.

Einsam und alleine in meiner Wohnung.

 

Vor meinem Fenster nur der leere, regennasse Weg zu meiner Tür.

Nichts ausser Wind und zerschlagene Hoffnungen darauf.

Und hinter mir das Ticken der großen, altertümlichen Uhr,

welche mir schonungslos und hörbar das Verstreichen meines toten Lebens aufzeigt.

28 Gedanken zu „Erinnerung 3

  1. Hallo Mia,

    das liest sich schrecklich…
    wunderschön geschrieben, wie es Dir gehen muss…

    Ich hoffe, der Regen hört auf und dass die Sonne bald wieder scheint und Dich wärmt…
    Aber irgendwie scheint es so, dass es auch solche Stunden geben muss.
    Alles Gute für Dich.
    Liebe Grüsse
    Thomas

  2. “… das Verstreichen meines toten Lebens …” – das fasst mich an, buchstäblich.

    Ich habe manchmal keine Worte, wenn mein Herz spricht. Vermagst Du es trotzdem zu hören, liebe Mia? – Es möchte Dir einen * aus meinem Orbit schneken. Ein kleines leuchtendes Funkeln, ein kleines bisschen (neues) Leben.

    Liebe, sternflüsternde Grüße!

  3. Hallo Thomas,
    vielen lieben dank für deine Zeilen:-)
    Das Leben ist ein Auf und Ab. Mal ist man oben, mal ist man unten. Gerade bin ich wohl etwas unten, aber ich bin ganz zuversichtlich, dass sich das auch wieder ändert. Das ist nun mal der natürliche Kreislauf. Mal schauen, vielleicht sieht die Welt morgen auch schon wieder sonniger aus:-)

  4. Mit sechzehn waren mir tickende Uhren ein Graus. Eine Minute war eine gefühlte Ewigkeit. Heute ist es nicht mehr so schlimm, die Zeit rennt sowieso an mir vorbei. Da tut es ganz gut, wenn die Uhr mal langsamer tickt.

    1. Ich danke dir sehr:-)
      Ja, gerade geht es mir nicht ganz so gut und die kalten Temperaturen da draußen machen es nicht besser, also herzlichen Dank für die Wärme:-) Die kann ich gerade gut gebrauchen:-)

      1. Vielen lieben dank:-) Das ist sehr freundlich:-) Freut mich sehr!
        Wünsche dir erholsame Nachtstunden und guten Schlaf und morgen einen schönen Start in den neuen Tag. Mal schauen, was der dann so mit sich bringt:-)

  5. Ist oft so, dass man so klasse Texte, in den dunkelsten Stunden schreiben kann – Schreibtherapie, die begrenzt hilft. Wohltuend, sich “leer zu schreiben”, um den Kopf etwas frei zu bekommen. Auf dass ein kräftigender Schlaf, dir neue Energie bringt. Ich wünsche dir eine erholsame Nacht und morgen viel Antrieb für den neuen Tag. Liebe Grüße…

    1. Vielen lieben dank dir:-). Leer schreiben– das trifft es:-) Die Gedanken einfach mal niederschreiben und dann fühlt man sich etwas freier. Momentan weiss ich aber auch gar nicht so wirklich, wo ich stehe. Dieser typische Zustand nach einer Trennung, bei der die Gründe so verrückt sind. Es gibt Trennungen, die müssen sein, da es an Liebe oder an Treue fehlt, aber bei uns ist weder das Eine noch das Andere der Fall und eigentlich will keine Partei die Trennung, sondern eher das Umfeld. Das ist ein merkwürdiger Zustand und für uns beide gerade auch echt irritierend. Wir wissen wohl beide gerade nicht, wie was wo warum:-( Die Zeit wird es zeigen.
      Ich wünsche dir einen schönen Abend und danke dir für deine Worte:-)

  6. 🍀❤️❤️❤️🍀 Ich denk an Dich und sende Dir positive Gedanken, damit Dein Schmerz ein wenig gelindert wird.
    …und gehst Du durch das Tal, dann richte Deinen Blick nach oben, siehst Du… dort wird es heller und mit jedem Schritt kommst Du der Sonne näher.
    🍀Liebe Grüße Maren

    1. Ich danke dir für deine aufmunternden Worte:-) Das ist wirklich so lieb:-) Ich gehe durch das Tal, aber da bin ich auch nicht alleine. Ich weiss, dass es ihm da nicht besser geht. Eine Lösung für unser Problem scheint es nicht zu geben und die Situation, die gerade da ist, gefällt uns beiden nicht, da es von anderen gefordert wurde und nicht unsere Empfindungen zum Ausdruck bringt. Ich wünschte, dass es uns nicht so schwer gemacht werden würde, einfach nur gemeinsam glücklich zu sein:-(

      1. Das hoffe ich sehr für Euch liebe Mia. Klingt bisschen nach Romeo und Julia im Heute. Lasst Euch nicht unterkriegen und lebt Euer Leben so wie Ihr es braucht, nicht so wie es Andere möchten.
        🍀❣️😊

  7. Das hört sich für mich ganz furchtbar an. Ich weiß nicht, ob ich dir helfen kann, aber wenn du Hilfe brauchst, kannst du mich trotzdem ansprechen.
    Liebe Grüße, Achim

    1. Das ist so unheimlich lieb:-) Danke dir:-)
      es ist eine so doofe Situation. Ich sitze da auch nicht alleine im Boot. Ich weiss, dass es der anderen Hälfte nicht besser geht. eine Trennung ist eine sache, aber bei uns ist es einfach nur das Umfeld, dass ein Problem mit uns hat und wir waren glücklich. Es wurde uns nur nicht erlaubt. Ich hoffe auf eine Zauberfee, die mir die Lösung schlechthin für das Problem liefert, denn keiner von uns ist glücklich und zusammen waren wir es. Wenn es nach uns ginge, dann ist alles gut, aber der Rest möchte das nicht:-(

  8. In einem kleinen Zimmer in Paris

    In einem kleinen Zimmer in Paris,
    wo ich den Kopf vor Sehnsucht gegen alle Wände stieß
    und deinen Namen leise in die Spiegel schrie,
    doch keiner kam und niemand nahm mich in den Arm
    wie du, der mich verließ.
    Und als du gingst, hast du gesagt:
    “Du machst das schon, mein Kleines, irgendwie!”
    Oh ja, mein Mann! Ich mach das schon.
    Ich weine ohne Träne jede Nacht,
    ich liebe dich, auch wenn es einsam macht,
    ich sterbe so dahin
    und frag nicht mehr nach einem Sinn
    in diesem kleinen Zimmer hier,
    wo Gaukler wohnten, Trinker, Diebe,
    es war umsonst, denn es war Liebe.

    Die Liebe mit dem Leben büßen
    Warten, bis das Leben dich vergisst
    Jede Nacht, sie bleibt in mir
    Auch wenn es Tag geworden ist.

    Dann war es still.
    Dann gingen viele Jahre hin
    und ich blieb hier,
    in diesem kleinen Zimmer in Paris
    und trank mit Trinkern auf ihr Glück
    und sang mit Gauklern Liebeslieder
    und morgens kamen auch die Diebe wieder,
    nur du kamst nie zurück.

    W. Wondratschek

    1. Das ist wunderschön:-) Ich danke dir dafür:-)
      Gerade ist es bei mir eher so, dass ich ein wenig hadere mit dem Zurückggehen. Die Situation ansich würde sich nicht ändern und ich weiss nicht, ob ich das emotional so verkraften könnte. Die Frage, die ich mir dahingehend eben zu stellen habe ist die: Will ich glücklich und unglücklich zugleich sein? Ist nicht gerade einfach darauf eine Antwort zu finden:-( Die Tage werden es zeigen und mein Herz wird hoffentlich irgendwann auch mal wieder sprechen. Augenblicklich bin ich eher in Kopfdialoge verstrickt.

      1. So wie du reagiert man auf die Rose der Liebe, wenn sich am Ende der Stachel zeigt. Völlig normal. Unnatürlch wäre es, wenn du anders reagieren würdest. Du machst nichts falsch. Es wird dir noch lange nachhängen, aber du musst jeden Moment der Trauer zulassen, weil die nur die Trauer den Schmerz verarbeitet und weinen reinigt die Seele. Die Erinnerung macht es nicht leichter. Ich bitte dich um Entschuldigung für mein Verhalten. Kannst du mir verzeihen? Ich bin manchmal ein Arsch. Ich wusste aber auch nicht, dass du dermaßen leidest und kannte dein Leid zwar aus einigen Texten, aber dachte, das ginge dir nicht so tief. Du brauchst jetzt jeden Freund: Ich bin hier. :*

  9. Ich bin nicht nachtragend und ich bin sehr glücklich darüber, dass du hier und da bist:-) Danke dafür:-) Danke auch für deine Worte und für deine Anteilnahme. Das bedeutet mir viel.

    Gerade ist es eine Kopf- oder Herzentscheidung und ich weiss gerade nicht auf was ich mehr hören sollte. Man merkt erst, was man hatte, wenn es weg ist:-) Oder wie war das?:-) Nur gehöre ich nicht zu dieser Sorte Mensch. Ich bin eher der Mensch, der dass zu schätzen weiss, was da ist und alles versucht im schönsten Licht zu sehen. Ich kann lieben, ich kann verzeihen und ich gebe den Menschen gerne eine neue Chance, aber es gibt auch Grenzen und es gibt manchmal kein Nochmal, kein Weiter. Manchmal läuft man gegen eine Wand und das kann ziemlich schmerzhaft sein. Die Wand, die da vor mir aufgebaut wurde, werde ich alleine nicht zertrümmern können, also warte ich ab und entweder reisst man sie für mich ein oder eben nicht, aber ich bin mir selbst zu wertvoll, um mir selbst Schaden zuzufügen und mir Schaden zufügen lassen, das werde ich sowieso nicht zulassen. Das ist wohl meine Beziehungs- Trennungssituation:-) Ich gebe der Zeit das Zepter in die Hand:-)

    1. 🙂 Es gab schon schlimmere Stunden, als die, die bisher heute an mir vorbeigezogen sind:-) Das Leben geht eben weiter und auch die Geschichte. So ganz loslassen ist irgendwie nicht so drin. Wir halten uns zwar nicht fest, aber wir können auch nicht loslassen. Das ist nicht gerade einfach. Sich zuhause zu fühlen bei einem Menschen ohne, dass man da zuhause ist und umgekehrt eben auch. Es ist eine Situation, in die wir einfach hineingeworfen wurden und das ohne Vorwarnung. Gefühle sind immer echt, egal, was der Kopf sagt:-) Das strengt an. Es geht aber doch weiter und mal schauen, wohin:-)

      Ohne dich

      Nicht nichts ohne dich
      aber nicht dasselbe

      Nicht nichts
      ohne dich
      aber vielleicht weniger

      Nicht nichts
      aber weniger
      und weniger

      Vielleicht nicht nichts
      ohne dich
      aber nicht mehr viel

      Erich Fried

      1. Das ist für Euch beide eine ganz unglückliche Situation. Aber sich daraus zu befreien, scheint nicht möglich, hm? Loslassen und es nicht wollen, ist auch nicht einfacher.

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