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Wunder

 

Wunder geschehen plötzlich. Sie lassen sich nicht herbeiwünschen, sondern kommen ungerufen, meist in den unwahrscheinlichsten Augenblicken und widerfahren denen, die am wenigsten damit gerechnet haben.
Georg Christoph Lichtenberg

Ich denke, wer an Wunder glaubt hat einfach Hoffnung. Viele sagen jedoch, dass es unsinnig ist an Wunder zu glauben, dass es keine Wunder gibt und dass nur Träumer an Wunder glauben. Was wirklich stimmt, weiß wohl niemand mit Sicherheit, aber dass es Wunder gibt, dass weiß ich seit jetzt. Wenn ich davor nicht daran geglaubt habe, dann tue ich es jetzt, denn ich habe gerade ein Wunder erlebt.
Die Familie meines Freundes mag mich nicht. Sie halten mich nicht für gut genug. Vielleicht mögen sie damit in irgendeiner Form auch recht haben und auch wenn ich es mir doch wünschen würde, dass sie mich mögen oder akzeptieren werden sie es nicht tun.
Es geht sogar soweit, dass ich meinen Freund noch nicht mal besuchen darf. Ich bin dort einfach nicht erwünscht und werde auch stets ausgeladen.
Das Faschingswochenende steht nun kurz bevor und ich bin kein großer Faschingsfreund. Mein Freund und seine Familie eigentlich auch nicht wirklich, aber wie es sich eben gehört werden sie feiern. Alles soweit nicht irritierend, bis auf die Tatsache, dass ich auch kommen darf. Wie ich mich dabei fühle, weiss ich gar nicht genau. Ich bin geschockt in erster Linie. Das hätte ich nicht für möglich gehalten, dass ich diese Erlaubnis jemals mal bekomme. Absagen ist keine Option. Das würde meinen Freund nur kränken, der sich ganz mutig die Erlaubnis meiner Anwesenheit erarbeitet hat. Sicher könnte ich es als positive Entwicklung unserer Beziehung sehen oder als positives Zeichen, wie man es mir so vorhält, aber ich kann nicht. Rein objektiv und nüchtern betrachtet habe ich die Erlaubnis erhalten an einer Festlichkeit teilzunehmen und da zu sein, aber ich werde geduldet und toleriert. Akzeptiert und angenommen werde ich nicht und gut oder gut genug werde ich niemals sein.

 

Ich versuche es positiv zu sehen, aber ich habe eine extreme Angst dorthin zu fahren und dann da zu sein. Ich habe Angst was falsch zu machen, was Falsches zu sagen, falsch zu gucken, falsch zu stehen, falsch zu atmen und das Falsche zu tragen, denn falsch werde ich dort sein, denn ich bin und bleibe falsch für meinen Freund in den Augen seiner Familie.

 

Sich dieser Tatsache schon alleine stellen zu müssen ist schlimm und schwierig genug. Sich dieser Situation jetzt aber stellen zu müssen ist eine unvorstellbare Herausforderung. Selbst wenn ich alles perfekt absolviere, wird es nicht gut genug sein. Wie kann man überhaupt auch nur etwas richtig machen, wenn ein so ungeheurer Druck auf einem lastet? Wie passt man sich an ohne sich vollkommen zu verstellen oder verbiegen zu müssen? Wie ist man, man selbst, wenn man jemand ganz anders sein soll?

William Shakespear

Ich werde mich dem stellen, aber ich fühle mich wie David, der plötzlich vor Goliath stand, wie Don Quijote, der gegen die Windmühlen antreten musste, wie ein kleines Teelicht, dass sich gegen einen Flächenbrand behaupten muss. Gerade wäre ich lieber alles andere und jeder andere, nur nicht ICH.

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