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Ausflug durch die Nacht

So fahre ich also durch die Nacht. Einfach mal so, weil ich es gerade will und mich nichts und niemand daran hindern kann. Meistens fahre ich mit dir, aber heute Nacht bin ich selbst der Herr der Straße und der Herr der Nacht.
Morgen früh werde ich die Fahrt bereuen und die kurze Nacht und den fehlenden Schlaf auch und alles verfluchen und ganz sicher mich selbst. Dann, wenn der Wecker klingelt, irgendwann in ein paar Stunden. Noch sind es ein paar Stunden, noch. Später dann, nach einer knappen Stunde Schlaf und nach einer Stunde Nacht werde ich es bereuen, dass ich so ziellos durch die Nacht gefahren bin. Dann, noch bevor der Tag beginnt und die Arbeitsschichten, die sich bis in den späten Abend hinziehen. Dann werde ich daran erinnert werden, wie töricht es war sich die Nacht, einfach wild herumfahrend, um die Ohren zu schlagen. Dann werde ich daran denken, aber jetzt ist nicht dann und das DANN liegt irgendwo und wer weiss, ob ich ein dann habe, aber das Jetzt habe ich. Und ich habe Iggy Pop aus der Anlage und ich habe Led Zeppelin aus der Anlage und ich habe Van Halen aus der Anlage. Und wenn ich will auch Kiss oder Black Sabbath. Eine sehr interessante Gesellschaft, die ich da habe.
Und ab und an kurbele ich etwas das Fenster runter, um ein wenig Nachtluft zu schnuppern oder um besser abaschen zu können. Ich befinde mich im Krieg mit meinen Gedanken heute Nacht. Zumindest anfänglich. Vor eins, zwei Stunden fing es an, denke ich. Das Rasen und Wüten im Kopf. Als hätte jemand den Schalter getätigt und die Maschine gestartet. Der Mond war noch nicht so sichtbar und stand auch noch nicht so hoch am Himmel. Aber da, ich weiss es ganz genau. Da fing es an. Der Sturm zwischen den Schläfen. Da musste ich raus.
Die Gedanken alleine zuhause lassen. Es gibt also keinen Grund zurückzukehren, bis auf die vielen tausend Gründe, die es nun mal so gibt. Aber jetzt ist es eben gerade gut. Einfach nur mit der Musik und der Nacht um mich herum und der Tankfüllung, die auch nicht mehr wird, je weiter ich fahre. Aber es ist ein Trost. Ein kleiner Trost, aber ein Trost. Besser als kein Trost. So durch die Nacht zu fahren. Ohne Sinn, ohne Ziel und ohne zu Denken. Das DANN und das DENKEN werden kommen. Später. Sie kommen immer.
Aber jetzt gehört mir die Straße, als wäre ich der Straßengott. Falls es noch keinen Straßengott gibt, heute Nacht bin ich es. Und für mich singen sie Lieder. Lieder, die für mich aus meiner Anlage dröhnen. Ein paar davon sind tot. Die, die für mich singen, meine ich. Ein paar davon leben noch, wie ich und andere vegetieren eher vor sich hin, wie Ozzy. Waren wohl ein paar Fledermäuse zuviel? Fledermäuse gibt es hier sicher auch irgendwo, aber ich lasse sie heute mal leben. Kann mir nicht vorstellen, dass sie so gut schmecken.
Diese Freiheit schmeckt aber gerade und auch dieses Leben und das einfach mal Sein ist auch gut und das Nicht-Denken ist fantastisch. Ja, morgen werde ich es bereuen, aber morgen ist noch weit, weit weg und das Jetzt ist jetzt und ich bin jetzt hier.

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