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Der Vielseitige

Und wieder hebt sich langsam und leise der Vorhang auf der Bühne und zeigt uns erneut ein Gesicht der Lyrik. Auch heute Abend werden wir abermals entführt in die Welt der schönen Worte, die lieblich klingen, die Seele umschmeicheln und das Herz bereichern.


Iane&Mia ist es eine große Ehre, heute Abend, einen großartigen und talentierten Meister der Worte vorzustellen, der den heutigen Montag mit seiner Poesie versüßt.
Das Internet hat er mit seiner Schreibkunst schon erobert und uns wird er sicher auch ganz in seinen Bann ziehen. Aus der Großstadt kommt er. In einer Großstadt lebt und in einer Großstadt schreibt er.
Er ist Lyrikredakteur und Rezensent. Herausgeber und Autor und Preisträger obendrein.
Mit großer Freude präsentieren wir ihn auf der Bühne der Montagslyriker und geben das Wort nun weiter an den Mann des Abends:
Walther Stonet

Walther der Herausgeber von zugetextet,
Feuilleton für Poesie-Sprache-Streit-Kultur
http://www.zugetextet.com

1. Nenne den Schmerz beim Namen. Wer ist der Dämon, der dich zum Schreiben verführte?
Was hat man mit 14? Weltschmerz, Liebesschmerz. Was hat man später? …
2. Wer dich kennenlernen will muss wissen, dass du …
Eigenschaften? Ich bin der legitime Nachfolger von Robert Musils “Der Mann ohne Eigenschaften”. Die schlechte Nachricht: Ich habe ihn ganz gelesen, und zwar die erweiterte Werkausgabe. Die gute Nachricht: Infinite Jest von David Foster Wallace habe ich noch nicht durch. Ich lese übrigens das Original.
Und da hätten wir dann schon eine schlechte Eigenschaft: Besserwissender Vielschreiber. Eigentlich total ekelhaft, der Kerl. Trotzdem lieben ihn manche. Wegen seiner erweiterten Ironie und seines schwarzen Humors.
3. Welche Götter verehrst du?
Na? Musil, Wallace. War klar. Und: Morgenstern, Ringelnatz, Rilke, Ulla Hahn, Rose Ausländer, Ulrike Mayröcker, Elke Lasker-Schüler, Robert Gernhardt, Karl Krauss, Kurt Tucholsky, Paul Celan usw. usf.

4. Was tust du, um dein Werk bekannt zu machen?
Alles, außer Poetry Slams. Man findet mich z.B. auf
http://www.literaturport.de/Walther.Stonet/
Da steht dann auch mein Veröffentlichungsregister. Kann sich sehen lassen. Jetzt müssen nur noch die Massen kaufen, und ich werde reich.
5. Und nun, zeige dich!

Hand reichung
Dem gestern die hand reichung an
gedeihen lassen – unter weg
lassen von drums & drans

Der fort schritt ist eine transe
eine transition form wechselnd eine haar
lose häutung von vielen kleinen
zähnchen mit ab rieb & ab
reibung –

Rück schritte haben gender
wahn sinn in gebäck – packung an
backung dicht geschnürte
korsette & strapse & seiden
strümpfe unterm freuchten schritt:

Wahres ist unbar
wer schreibt vergeht
wer bleibt ist ein treppen
witz ohne geschichts
buch

Dem meuchel morgen knöcherne
fingerchen kalte kuppen hand
schuh los händchen hin
halten – &:

Reichs mir mein liebchen
ich führ dich zum tanze
zwick dir ins grübchen
& geh dann aufs ganze

Ich liege und knirsche
Ich liege hier unter der Schattenmorelle
Und muss mal kurz niesen, denn das falbe Blatt
Verdeckt meine Nase und kitzelt mich matt.
Jetzt brauche ich Durchzug, und das auf die Schnelle!

Ich lieg dort noch immer und an jener Stelle,
An der er mich killte und nachher verscharrte.
Ich liege im Feuchten und warte und warte,
Doch er dreht am Geldhahn und sitzt an der Quelle.

Ich faule und schäume und dreh mich: Die Delle
Kommt von der Verwesung; es fackelt das Grelle
Der Windröschen gehl um die schüttere Kirsche.

Ich lieg da und warte: Die Nacht, der ich harre,
Sie kommt, und ich sehe mich pirschen, die Knarre
Des Wahnsinns am Kopf meines Mörders – ich knirsche.

 

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