Die Lückenfüllerin;-)

Hallo ihr Lieben,
heute ist Montag und Iane und ich wollten euch auch heute Abend einen Montagslyriker vorstellen.

Der Beitrag war schon fertig, allerdings erhielten wir gestern Abend, kurz nach 22 Uhr, eine Mail, dass der bevorstehende Lyriker, doch nicht öffentlich sein Werk präsentieren möchte. Das finden wir natürlich sehr schade, aber diesem Wunsche gehen wir selbstverständlich nach. So kurz vor knapp war der Mut einfach weg und die Angst da. Auch wenn wir noch andere Lyriker auf der Liste haben, war es einfach zu kurzfristig, um heute Abend einen angemessenen Beitrag vorzubereiten. Jeder soll hier bei uns gebührend gefeiert werden und das braucht einfach etwas Zeit.
Den Abend einfach so verstreichen lassen, wollten wir auch nicht, also haben wir uns dazu entschieden, dass ich heute Abend diese kleine Lücke mit etwas Literatur fülle. Zur Ausnahme präsentiere ich euch eine Kurzgeschichte, die ich für mein Studium geschrieben habe.

Nächste Woche gibt es dann wieder die offiziellen Montagslyriker mit vielen, neuen News:-)

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Die Aufgabenstellung lautete:
Umarbeitung einer Vorlage:
Schreiben Sie eine zusammenhängende Erzählung von drei bis fünf Seiten zu einer Vorlage (=Drama/Shakespeare)

Hier meine Geschichte:
Keine Antwort

Hier stehen wir nun, schauen uns an und wissen nicht, was wir sagen sollen. Dabei gäbe es soviel, was wir sagen könnten, aber wir sagen dennoch nichts und alles Ungesagte bleibt in der Luft hängen. Unsichtbar und bleischwer. Ich habe Leo nie gemocht. Rückblickend beschämen mich meine Gründe dafür. Verena habe ich geliebt. Ich habe sie mehr geliebt, als mich selbst. Das dachte ich stets. Auch dieser Gedanke beschämt mich, denn heute weiß ich, dass Liebe loslassen heißt und das konnte ich damals nicht und kann es auch heute nicht. Verena war das perfekte Mädchen. Hübsch, klug und aus gutem Haus. Sie hatte die besten Schulen besucht und die beste Erziehung genossen. Zumindest dachte ich immer, dass sie die beste Erziehung genossen hatte. Heute bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob alles so wundervoll war, wie es nach außen schien. Bei Leo weiß ich, dass er nichts von alle dem mitbrachte. Er war ein Taugenichts, ein Tunichtgut und er war einfach nicht gut genug für sie. Bis heute ist es mir ein Rätsel, warum sich ein Mädchen aus den besten gesellschaftlichen Kreisen ausgerechnet in einen armen Pizzalieferanten verlieben musste. Ihr lag die Welt zu Füßen, alle Türen standen ihr sperrangelweit offen, aber sie wollte nur ihn. Sie hätte niemals zu dieser Party gehen sollen, dann hätte sie ihn niemals kennengelernt. Ich war geschockt, als sie mir Leo als ihren festen Freund vorstellte. Sein Vater arbeitete Positionen unter ihrem Vater, in der selben Firma. Ein hoffnungsloser Trinker, der regelmäßig seine Frau schlug und ständig Ärger mit der Polizei hatte. Ich habe es durchaus verstanden, als ihr Vater endlich ein Machtwort sprach und ihr den Umgang mit diesem Leo verboten hatte. Verenas Drängen und ihre Tränen konnten daran auch nichts ändern. Ich habe ihren Kummer gesehen. Ich habe mir auch ihre Klagen angehört. Es brach mir das Herz sie so verzweifelt und traurig zu erleben, aber ich konnte nichts tun und ich wollte auch nichts tun. Ich hielt es für richtig, dass ihr dieser Umgang verboten wurde. Leo war einfach nicht gut genug für sie, ob sie das nun sehen wollte, oder nicht. Eltern wissen es einfach besser. Sie wissen ganz genau, was richtig und was falsch ist für ihre Kinder. Leos Eltern war es vermutlich egal oder sie haben sich sogar noch gefreut, dass ihr missratener Sohn eine so gute Partie gemacht hat. Aber alle Verbote von Seiten ihres Vaters brachten nicht viel. Sie traf sich nach wie vor mit ihm. Sie verließ unter Vorwänden die Wohnung und wurde auch noch von ihren Freunden gedeckt, wenn sie sich heimlich mit ihm traf. Selbst als ihr Vater ihr androhte ihr den Geldhahn zuzudrehen, hörte sie einfach nicht damit auf ihn zu treffen. Eine junge, dumme, naive Liebe, die von vornherein keine Zukunft hatte. Leo versuchte ihren Vater von sich zu überzeugen, ihn umzustimmen. Zu den unpassendsten Zeiten klingelte er an der Haustür oder lauerte ihn nach Arbeitende vor dem Haupteingang der Firma auf, aber es half nichts. Es machte alles nur noch schlimmer. Verena kam zusehends schlechter mit der Situation klar. Sie aß kaum, schlief schlecht und weinte viel. Diese Fehde war mehr, als sie ertragen konnte. Sie saß zwischen zwei Stühlen, konnte und wollte die Wahl zwischen Leo und ihrer Familie nicht treffen. Was Verena nicht konnte, entschied dann Leo für sie. In meinen Augen war es die einzig richtige Tat. Er bewies damit zumindest eine Art Anstand, den ich ihm so nicht zugetraut hätte. Anscheinend war auch ihm Verenas Zustand nicht entgangen und um ihr und ihrer Familie weiteres Unheil zu ersparen, ging er. Ich dachte, dass ihr Liebeskummer nur kurz andauern würde. Es war nicht das erste Mal, dass sie Herzschmerz empfand, aber wie sehr sie wirklich litt, realisierte ich erst, als ich sie ihm Badezimmer fand. Ich rieche immer noch das Blut und die Bilder stürzen jede Nacht in meinen Träumen auf mich ein. Jede Nacht besucht sie mich. Steht an meinem Bett und fragt mich nach dem warum und ich weiß keine Antwort zu geben. Leo tobte und wütete nachdem er es erfahren hatte. Er machte ihrem Vater Vorwürfe, mir Vorwürfe und sich selbst. Es waren keine schönen Szenen, keine schönen Bilder. Ich spürte seinen Schmerz, seinen Kummer und was ich noch spürte und sah, war seine Liebe für Verena. Auf ihrer Beerdigung war er nur ein Schatten seiner selbst. Still und schweigend stand er da und schaute apathisch auf das Grab. Selbst als die Beerdigung vorüber war, stand er noch da und wollte sich einfach nicht von der Stelle bewegen. Ich fuhr ein paar Male in der Nacht hinaus und am Friedhof vorbei und er stand immer noch da, die ganze Nacht. Als ich am nächsten Tag noch einmal persönlich Abschied nehmen wollte, war er nicht mehr da. Von seinem Selbstmord erfuhr ich zwei Tage später aus der Zeitung. Es traf mich wie ein Blitzschlag. Nun stehe ich hier. Am gleichen Ort, wie vor ein paar Wochen, wegen ein und derselben Geschichte und sehe nun, was Verena sah und ich nicht sehen wollte. Ich sehe Leos Liebe zu ihr und seine Aufopferung für sie und fühle mich blind, dumm, beschämt und ich habe Angst vor der Nacht, wenn sie mich wieder besucht, an meinem Bett steht und mich erneut fragt: Mama, warum? Und ich weiß keine Antwort darauf.

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