Willkommen am Montag:-)
Heute Abend geht es bei den Montagslyrikern lyrisch weiter und mein werter Kollege Matthias Breimann und ich stehen schon beriet, um den neusten Montagshelden vorzustellen.
Mit 14 fing er an zu schreiben und alles begann mit Liebe oder auch Kummer. Schreiben ist für ihn Flucht, Rebellion und ein Gefühl, dass nach außen dringen möchte.
Ein wenig rebellisch ist auch seine Lyrik und auch er ist etwas anders, aber auf die gute Art. Die Welt verbessern ist sein Motto, womit er sich einer sehr schwierigen Aufgabe angenommen hat, aber schon Steve Jobs sagte: Die Menschen, die verrückt genug sind zu glauben, die Welt verändern zu können, die werden genau dies tun.
Seine Gedichte sind hart, realistisch und direkt. Sie erzählen Alltagsgeschichten, Sexgeschichten, Saufgeschichten. Und in jeder von ihnen findet man zarte Zeilen von Poesie.
Seine Worte fließen ineinander, halten sich aneinander fest, schenken gleichermaßen Geborgenheit und Nähe sowie auch intellektuelle, melancholischen Schmerz und auch mal trostlose Traurigkeit. Seine Lyrik folgt keinen bekannten Gesetzmäßigkeiten, keinem Versmaß. Das Leben ist das Maß seiner Schreibkunst.
Mein Herz hat er definitiv mit seinem Schreibstil erobert. Tatsächlich bin ich schon länger ein Fan seiner geschriebenen Worte, die mich stark an eine Mischung aus Charles Bukowski trifft Jack Kerouac erinnern.
Und nun dürfen wir ihn in den Reihen der Montagslyriker ganz herzlich Willkommen heißen:
Sven Lawicki
1. Nenne den Schmerz beim Namen. Wer ist der Dämon, der dich zum Schreiben verführte?
Ich hab mit 14 Jahren mit der Schreiberei angefangen. Ich müsste lügen, wenn ich euch auftischen wollte, dass dies nichts mit Liebeskummer zu tun gehabt hätte. Ich war ganz schrecklich, unglücklich verliebt.
Auf der anderen Seite, hat es mich schon immer angetrieben, anders zu sein, als das was die breite scheiß Masse so von einem verlangt.
Ich hab in Wirklichkeit schon immer geschrieben und gesponnen, weil mich mein eigener Alltag selbst angeschissen hat. Nennt es Flucht…
Ich nenn es Rebellion.
Mittlerweile bin ich viel rumgekommen. Glücklich natürlich nie.
2. Wer dich kennenlernen will muss wissen, dass du …
Dass ich ein absoluter, unverbesserlicher Rebell bin. Der nicht aufgeben wird diese Welt zu verbessern bis er sich wahrscheinlich selbst eines Tages zugrunde gerichtet hat…
Romantisch genug?
3. Welche Götter verehrst du?
Ich lass den Einen oder Anderen aus…
Bukowski, Hunter, Ginsberg, Kerouac, Burroughs, Rimbaud, Urs Böke, Rocko Schamoni, Sven Regener, Claus Lüer, Miller, Weissner, etc.
4. Was tust du, um dein Werk bekannt zu machen?
Hauptsächlich: Lesungen. Ich versuche diese Slams zu vermeiden.
Gibt n paar Werke auf Insta zu bewundern.
Hab n paar eigene Gedichtbänder am Start, die man auch käuflich erwerben kann. Das Ding bleibt natürlich Underground.
Heißt, schreibt mir ne Mail: sven.lawicki@web.de
Außerdem wurde mir ein paar Mal die Ehre zuteil, dass mich die Blätter:
„MAULhURE“ und „Drecksack“ veröffentlicht haben.
5. Und nun, zeige dich!
Tom Waits
Aber auf wen?
Auf dich bestimmt nicht
Du arroganter Hundeficker!
Hau in die Tasten mein Freund
Hau in die Tasten
Die Olympia wartet auf dich…
Was sagst du?…
Scheiß drauf. Dann schreib eben nackt!
Wen zum Teufel interessiert das schon…
Von mir aus hau mit deinem Schwanz
auf die Tasten ein!
Schreibtischlampe an. Vorhang zu
Häuser sterben
Nutten singen Lippenstiftrot
Lass den verdammten Staub tanzen mann
Lass ihn tanzen…
Aber pfeife nicht dabei
Das bringt Unglück
Macht die Geister in den Herzkammern blöde…
Downtown unter aufgekratzten Laternen
Gehen sie angezogen vom Licht
In die Netze und bleiben kleben
Und die Toten summen
Für die Idioten und Dummen:
Dort draußen lernt man das Sterben
Noch vor dem Leben
Salz auf den Wangen
Tränen bohren Tunnel unter deine Lider
Bis alle Melodien den Totengräbern geweiht
Der Schriftsteller ist ein Käfer
Haut nachts in die Tasten der Schreibmaschine
in Augenhöhlen sitzend
Von wegen Lesung
Wir reden von Verwesung
Und in den letzten Partikeln menschlicher Augen
taucht er in Träume die ihm nicht gehören
Durch das letzte winzige Korn der Netzhaut
Und natürlich verläuft er sich
Und irrt immer noch umher
Auf der Suche nach dem einen Gedicht
das ihn wieder zurück bringt
Auf eigenen Sonnenbahnen spazierend
mit dem Lächeln der Kids aus Chicago
Wind knallt
Schüsse knallen
Köpfe knallen
Typen knallen
Drogen knallen
Und Autotüren
Draußen auf der Jagd nach dem verdammten Code
Betrug auf allen Kanälen
Immerzu
Immer breit
Mann, –
in fremden Träumen herum zu wühlen
wie ein Besessener
geht nie gut
Geht immer vor die Hunde
Die stolze Erfüllung deines kleinen Lebens
Durchaus erwähnenswert
Vielleicht kein Denkmal
Oder ein bedeutender Literatur Preis
Wobei das wirklich niemand braucht
der ernsthaft schreibt
Aber jetzt vergessen sie dich
Bist zu lange fort gewesen auf deinen Reisen
Tausend Mal bist du gestorben
Alleine mit 27 bestimmt 20-mal
Die kriegen es mit der Angst zu tun
Wenn sie dich sehen
Wobei es schon reicht
wenn sie an dich denken
Also verdrängen sie einfach
dass sie dich kennen…
Hast den Hut verloren
Und die Lederjacke verschenkt
Dünn wie ‘n Unterhemd unterm Hemd
Mitunter fremd
Haare gekämmt
Unverschämt
Schreibst immer noch besser
als die ganzen Möchtegern Dichter
Und weil du zweifelsohne der Beste bist
Stecken sie aus
die Mikrofone
Und schätzen dich nicht!
Weil sie ignorante Schwänze sind
Und sie sich einfach nicht eingestehen
Das sie
Die ignoranten Schwänze
Schlichtweg gar nichts sehen
Stirbst langsam in letzten Briefen
Toten Dichtern gewidmet
In deren Augen du stets zu Gast bist
Draußen in der westlichen Nacht
Mit all ihrem Rauschen und den Sternen
die Fluten die trüben Trassen
Gewillt der Liebe eine Chance zu geben
Auch wenn du genau weißt
dass sie dich tötet
Tanzt mit den Bildern des göttlichen Klagens
Bereit Melodie zu sein für die Verrückten
Bereit überhaupt zu sein
In einem Wolkenmeer aus Jazz Rhythmen
Tobend jammernd tanzend und küssend
auf den letzten Seiten Papier
die sie dir großzügig wie sie sind zur Verfügung stellen
um Göttliches zu schaffen an der verfluchten Olympia
Hau in die Tasten mein Freund
Auf dass du endlich zur Ruhe kommst
Wenn Herzen explodieren!
Geh nun mit dem Rot im Morgen
Und irgendein Bekloppter wird früher oder später
in deinen Augenhöhlen sitzen und alles
und ich meine alles alles
Alles endlich verstehen
Und den verdammten Code auf der Schreibmaschine tippen…
Und es wird Musik sein
Oder Freiheit
Oder auch Gleichgültigkeit
Scheiße ich weiß es nicht
Aber ich bin auch nicht du
Hau in die Tasten mein Freund
Hau in die Tasten mein Freund
Auf dass das Leben dir Zauber ist
Und der verfluchte Tod
eine Hommage daran
Gedicht „Continental Geratter“
Continental Geratter
Geratter der alten Continental
Ganze Zeilen verloren Leben
Ganze Wände weiß
Schwarz die Buchstaben uralt
Die sterben in Worten
Die sammeln sich in fremden Sätzen
Die werden zu Abschiedsbriefen
Liebeserklärungen und für beschissene Gedichte benutzt
Zieren fortan Wände
Früher hingen dort Fotografien
Von deinen Lieben
Aber alle fielen
Der Krankheit Den Kriegen
Kein Fototermin
Auf der Rückseite der Fotos erschienen
Leer das Blatt
die Wand weiß
Der Kaffee ist bitter
Das Bier wirkt erst nach dem Sechsten
Vorhänge sind immer zu
Manchmal ist das Fenster gekippt
Aber dann hängen tausend fliegende Ameisen dran
Keine Chance mehr auf Glück
Ich schäme mich
wenn ich lächele
Von der Decke tropft der Schimmel Tränen
Wahrscheinlich hat er Schnupfen
Die Kakteen sind vertrocknet
Die große Palme in der Ecke nicht weiter erwähnenswert
Draußen ficken die Igel
Landen die alten Forellen an einem Gitter
Tot wie das Laub
Der Specht spricht in einem Lied
das er nie gehört
Freunde sind auf Heroin
Aber lange nicht mehr auf Koks
Irgendwo vergisst ein Kind in der Schule wie es heißt
und weint ganz bitterlich
An der ersten Zeile der Klassenarbeit gescheitert
Und ich möchte ihm sagen
dass das alles so scheiß egal ist
Einfach nur
weil Schlimmeres passieren wird
Der Wasserhahn tropft
Bereit dazu zu Krähen zu krähen
Als wären die Trophäen bloß Trophäen
Und all die Nachbarn gleichzeitig am Mähen
Zeiger gebrochen
Uhr hinkt der Zeit hinterher
70 scheiß Quadratmeter voll mit Worten schwarz die Wände
Und die Buchstaben die stehen geschrieben
Aber bewegen sich
Weil ihnen schwindelig ist
Und sie sich nicht sicher sind
ob sie nicht zusammenbrechen
Schritt für Schritt
Kleine Gehversuche
Halten sich an der Tapete fest
Bereit eingeliefert zu werden
Aber mit der Gewissheit zu sterben
könnte man die Wände auch einfach wieder weiß anmalen
Die Kaffeemaschine spült sich durch
Die Tasse mit dem Spülwasser läuft über
Aber das interessiert die Tasse wenig
Die Katze ist fortgezogen
Die Müllabfuhr dringt nicht bis in den Keller vor
Feuerzeuge sind leer
Streichhölzer auch
Kippen hab ich
solange wie der Automat an unserer Hauswand
seine Prüfungen besteht
Der Name fällt mir nicht ein
Aber er hat Einen
Der Toaster funktioniert einwandfrei
obwohl der spottgünstig war
Draußen findet die verdammte Liebe
Gefallen an einem inneren Schatz
Der Schornstein hustet
Das Geratter und das ewige Bingen
der alten Continental hallt noch nach
in den Fluren
Stirbt mit den Blättern
Bleibt auf
ewig
Wie die Vorhänge
Aber ganz ehrlich
Ohne mich
Gedicht: „Klammern“
Klammern
Er blickt aus dem Fenster
Er sucht nicht mehr
Er hat sich gefunden
Im Fenster
Wenn sie klingelt wird man sie bitten einzutreten
Wortkarg Tapeten und Plastikblumen
Jenseits des Horizonts war er Punk gewesen
Schiffbrüchiger
Eigentlich war er immer Dichter
Wollte immer das eine Gedicht zu Papier bringen
Jetzt ist er froh, wenn sie ihm beim Rasieren nicht weh tun
Er blickt aus dem Fenster
Und er sieht die Pflegerin und er sieht sich,
denkt an Küsse vor Jahren und an Punkrock und die scheiß Revolte…
Jetzt sieht er sich im Fenster
Und er sieht sie
Und alle Welt weiß wie schön sie ist…
Und bloß um sie zu ärgern
fragt er sie ob die Klammern in ihrer Lippe,
denn nicht beim Küssen stören…
Gedicht: „Kneipen Muster“
Kneipen Muster
Kneipenmuster studiert
Tresen Regeln missachtet
Aber immerhin hast du immer schön die Fresse gehalten
Bist Mythos geblieben
Du hättest wirklich alles sein können
Vom Schriftsteller bis hin zum Zuhälter
Warst mal Lehrer
erzählen sie sich nun
Und inna Kneipe gegenüber sagen sie
dass du geerbt hast
Und morgen bist du Krabbenfischer gewesen
Wer weiß das schon
Fakt ist, du fehlst
Scheiße du fehlst uns allen
Als hätten sie dem Tresen n riesiges Loch reingerissen
Schäbig
Ohne dich fühl ich mich in der Spelunke einfach nicht mehr wohl
Ich trink jetzt meistens zu Hause
Und selbst dort fehlst du
Dieses Zunicken deinerseits hab ich mir kontinuierlich erarbeitet
Tag für Tag über drei beschissene Jahre oder so
Hinsetzen
Schluck Bier
Kippe an
Dann kurz und vorsichtig in deine Richtung geguckt
Nicken
Fertig
Tag gerettet
Neulich guckt einer vonna jüngeren Fraktion inna Kneipe
so vorsichtig zu mir rüber
Ich nicke
Da steht der auf und legt mir nen Klumpen Hasch aufn Tisch
Und dann geht der einfach
Wer macht denn sowas? denke ich mir…
Steck ihn ein
Kopfschütteln
Reg mich noch auf
dass ich jetzt Blättchen kaufen muss
Geh nach Hause
Antesten und den Kopf schütteln
Hoffentlich kommt der mir jetzt nicht ständig mit Geschenken,
dass kann ich gar nicht leiden
Wo kommen wir denn da hin?
Ich meine, nicht dass ich mich jemals woran gehalten hätte…
Aber so ‘n paar einfache Grundregeln…
Ich bitte euch
Die Sonne scheint woanders weiter
Ich muss an meinen Freund denken, den Theater Regisseur
Starre ins Nichts
Da nickt mir der Barkeeper zu und stellt mir n Bier hin
Ich hab keine Kohle mehr
Wenigstens einer, der’s verstanden hat
Stimmen zu Sven Lawicki:
Er mag den Geruch von zertretenen Walnüssen auf feuchtem Grund. Liegt gern mit der Nase im Tau. Außerdem ist er der Herausgeber des Underground Literatur Magazins, die „Klimperkiste“.Das Teil erscheint unregelmäßig wie Liebeskummer. Meistens im Buchformat. Mittlerweile hat der Punk Poet vier eigene Gedichtbänder am Start: „Seelenschrein“, „Liebe in deinem Kaffee und in meinem Joint“, „LandUnter“ und 2021 erschienen: „TEILE TRÜMMER TRALLALA“. Hinzu kommen zahlreiche Veröffentlichungen im deutschsprachigen Raum, u.a.: Drecksack und MAULhURE.
Wer auf der Suche nach seichter, zartbesaiteter Lyrik ist, wird hier nicht fündig werden. Schaut außerdem mal an einer Lesung des Dichters vorbei…Soll was Besonderes sein. Munkelt man. Weil dann das eine zum anderen kommt. Der Typ der alleine seine „Schreibmaschine“ malträtiert, immer auf der Suche nach diesem einen Sound, der alles verändern wird, und dann die eigene Stimme, die das ganze Ding zum Tanzen bringt… Hoch dort oben auf den Dächern der Stadt, oder ganz tief unten durch die Kneipen ziehend und im Rausch der Lichter schreiend, ohne auch nur ein Wort zu sagen…