Montagslyriker 9: Laura_auf Goethes Pfadenfährten

Liebste Abendgrüße an euch:-)


Mein werter Kollege Matthias Breimann und ich stehen bereit, um euch heute ein neue Montagsheldin vorzustellen:-)
Ganz langsam schleichen wir uns ans Ende der 9. Runde heran, aber wir haben noch ein paar kreative Köpfe, die wir euch nicht vorenthalten möchten.
Unsere heutige Heldin hat uns sowohl Lyrik wie auch Prosa mitgebracht und an Kreativität mangelt es ihr definitiv nicht. Sie findet diese im Alltag, in den alltäglichen Dingen, wie etwa bei einer Zugfahrt, bei Gesprächen mit Freunden oder Fremden oder auch einfach in der Natur.
Sie schreibt bereits seit Kindertagen und verarbeitet in ihren Texten gerne ihre tiefsitzenden, auch gerne mal dämonischen Gefühle.
Ein großes Vorbild von ihr ist Goethe, der sie regelmäßig mit blumiger Inspiration füttert, aber auch andere, große Namen der deutschen Weltliteratur haben sich in ihr Herz geschlichen.
Sie ist ein leidenschaftlicher, ehrgeiziger Mensch, der gerne Dinge auf den letzten Drücker erledigt. Außer das Schreiben, hier nimmt sie sich stets genügend Zeit, um ihre Emotionen und Gedanken präzise zu Papier zu bringen. Ihre Kunst ist voller Gefühle, trifft ins Herz und erobert es bereits beim ersten Lesen.
Aber macht euch selbst ein Bild von unserer heutigen Künstlerin, die heute Abend unsere Bühne rockt.

Und nun herzlich willkommen und herzlichen Dank an:
Laura

@fee.lize Instagram

Nenne den Schmerz beim Namen. Wer ist der Dämon, der dich zur Kunst verführte?

Soweit ich mich erinnern kann, habe ich immer geschrieben. Die Inspiration finde ich zuweilen oft in alltäglichen Dingen, einer Zugfahrt, einem Fremden oder auch der facettenreichen Natur. Mein etwas melancholisches Wesen schwingt natürlich auch in meinen Werken mit. Hier muss auch noch betont werden, dass ich oft meine Gefühle und tiefsitzende Dämone in meinen Texten verarbeite. Mein großes Vorbild, Goethe, bietet mir auch häufig die blumige Inspiration, wenn sie mir denn gerade fehlt.

Wer dich kennenlernen will muss wissen, dass du…

Eine meiner schlechten Eigenschaften ist womöglich, dass ich viele Aufgaben stets auf die letzte Minute aufschiebe und erst im letzten Moment erledige. Bei Dingen die mir Spaß machen und meiner Kunst im Besonderen bin ich aber sehr leidenschaftlich, ehrgeizig und motiviert dabei. Mein Charakter ist im Großen und Ganzen sehr sensibel, ich nehme äußere und innere Reize sehr intensiv war. Außerdem bin ich ein absoluter Perfektionist, auf alles gerne bestens vorbereitet und reise deshalb stets mit schwerem Gepäck unterm Arm (und im Kopf).

Welche Götter verehrst du?

Unzählige, verschiedene Künstler haben mich bisher sehr geprägt und inspiriert. Wie bereits erwähnt hege ich eine besondere Liebe für Goethe, aber auch Hesse und Rilke sind Autoren meines Herzens. Die Weltanschauung und Lebensweisheit von Hesse in seinen Werken geht mir oft tief unter die Haut! Aber auch die romantische Lyrik von Rilke entspricht genau meinem Geschmack.

Was tust du, um dein Werk bekannt zu machen?

Seit diesem Jahr betreibe ich meinen neuen Instagramaccount @fee.lize, wo ich versuche regelmäßig meine Lyrik und kurze Prosa zu posten. Zusammen mit meiner jung entdeckten Freude – dem Analogfotografieren. Außerdem bewerbe ich mich regelmäßig bei Schreibwettbewerben.

Und nun zeige dich!

 

1. die Weltenseele.

das weite Universum trägt

ein jeder hinterm Herz

helle Sterne, dunkle Schnuppen

strahlen durch die ruhige Haut.

wenn lange Glieder sich

erfreuen, im Tone der Musik

seh‘ ich die Blumen wiegen

im ruhigen Abendwind.

hat manch einer ein

strömend Gesicht

seh‘ ich die Wasser fließen

hinter Bergen, durch die Täler.

liegt Frohsinn in den

Grübchen eines strahlenden Gesichts

seh‘ ich Schwärme junger Vögel

fröhlich tanzen hinterm Licht.

auf der Suche nach

den großen Fragen, dem ewigen Sinn

genügt der holde Tanz

mit dem eigenen Gestirn.

die ganze Welt

in einem Blick

die Weltenseele ist vereint

mit jedem neugeborenen Kind.

(Hommage an Sofies Welt, Jostein Gaarder)

 

2. Ein Wintermoment.

taufrische Gassen

menschenleere Terrassen

unter Schritten knirscht der Schnee

nichts, dass ich wirklich seh.

ein schüchternes Augenpaar erblickt mein Sein

zwischen Grau ein heller Schein

verstohlene Blicke ziehn‘ sich an

ums ruhige Herz wird’s ganz warm.

alles gesagt, ohne ein Wort

beide am richtigen Ort

einsame Pole suchen ein End

der Tag hat es uns geschenkt!

jegliche Distanz schwindet

froher Nebel der uns verbindet

schweben in Glückseligkeit

alles verschwimmt, weit und breit.

als sich Blicke trafen, war es schon geschehen

das Licht war unermesslich –

hindert denken, hindert sehn‘!

der Nebel lädt zu Träumerei

und schon gingst du an mir vorbei.

Bild von @fee.lize

3. Zwischen Schatten und dem Nichts.

Gedanken der letzten grauenvollen Jahre bringen mich beinah um den, sowieso schon zerfetzten, Verstand. Immer wieder tauchen die Gesichter meiner Albträume, meiner verdrängten Panik auf. Sie verzerren die lachenden Münder und meinen trockenen Blick des Verderbens. Der Kaugummi auf der letzten Stufe verachtet mein schweißgebadetes Antlitz, wie es sehnsüchtig die nächste Pause anstrebt. Das traurige Herz schlägt immer rasender, umso näher ich dem verstaubten Klassenraum komme. Nasse Hände müssen mit Gewalt zum langsamen Türöffnen gezwungen werden. Sofort schlägt mir der Geruch gewaltsamer Träume und dunkler Realität in die Nase. Ein erster Schuh befindet sich gezwungenermaßen über der Türschwelle zwischen Angst und Befreiung. Blicke durchbohren mein Gesicht, meine Tasche, meine Kleidung, meinen Blick, meine Seele – und dies alles wird zutiefst verachtet und angespuckt. Sie grinsen und tuscheln, ohne Zweifel über mein schiefes Gesicht oder auch meinen lächerlichen Pullover, den meine komische Mutter ausgewählt hat. Ich bewege mich schnell, mit gesenktem Blick, in Richtung meines Sitzplatzes ganz hinten im stickigen Raum. Ewige Minuten, träge Sekunden vergehen kaum bis endlich der Lehrer den Raum betritt und meiner inneren Qual ein temporäres Ende bereitet. Lehrpersonen bemerken Hass und Angst nicht, selbst wenn sie direkt vor ihnen steht und sie keck zum Kampf herausfordert. Die Gesichter haben schon das nächste Spiel für mich geplant, so wie jeden einzelnen Tag. Wiederstand ist zwecklos, sie ignorieren meine Schreie, meine tränennassen Augen der Verzweiflung. Wenn wenigstens mein Körper protestiert, wird er niedergetreten wie der einzige Versager auf dieser Welt. Drohungen meiner Selbst zu blutroter Selbstverletzung spornt sie zu weiteren Spielen meiner Qual an.

Das Verschwinden des alten Küchenmessers würde doch eigentlich niemandem auffallen – besonders nicht Mama. In einem unbeobachteten Moment schnappe ich es und lass es in der hässlichen Schultasche untertauchen. Schnellen Schrittes trage ich das Werkzeug meiner Befreiung zur Stätte meiner Seelenqual. Die Schwelle zwischen Angst und Befreiung wird kleiner, die Minuten vor der ersten Stunde vergehen schneller. Wissentlich meiner heutigen Befreiung frage ich mich, ob sie dann immer noch lachend auf meine Kleider zeigen. Ob sie immer noch einen winzigen Feigling vor sich sehen, oder doch jemanden, der final für sich und seinen Körper ein Ende bereiten musste. Ich werde es wohl niemals erfahren, Mama auch nicht. Vielleicht hätte ich Mama einen Brief schreiben sollen, aber hätte sie überhaupt eine Minute übrig für meine lächerlichen Gedanken? Ich denke nicht. Mama versteht mich nicht.

Sie zeigen scharf auf mich, heute macht es mir nichts aus, ich genieße es sogar ein letztes Mal in ihren Fingern zu zerschmelzen. Marie vom Nachbartisch wirft mir ein mitleidiges Lächeln zu und ich hasse es. Ich lächle zurück, weil ich weiß, dass ich es nicht mehr sehen werde. Genauso wenig wie die verstaubte grüne Tafel, den schmutzigen Schwamm oder die vergilbte Wand mit dem schwarzen Kreuz. Der von mir genau durchdachte Moment kommt immer näher und ich fühle mich immer mutiger. Das schwarze Kreuz klopft mir aufmunternd auf den Rücken, die vergilbte Wand spricht mir freundlich Mut zu. Mit starrem Blick taste ich in meiner Tasche nach dem spitzen Werkzeug. Ohne langes Suchen kann ich es in meiner zitternden Hand spüren, Zweifel pulsieren hinter meiner glühenden Stirn. Ich schiebe sie zügig beiseite, es wird niemals besser, Hass kann nicht mehr zu Liebe werden. Er verdrängt sie ganz und gar, bis nur noch ein winziger Schatten ehemaliger Rosen übrigbleibt. Dieser Schatten tut sich vor mir auf und ladet mich ein in ihm zu verschwinden. Taub und mit strähnigem Blick renne ich fast über die Schwelle in die Freiheit, keine Liebe und kein Schatten bleibt übrig.

Und als Rot über die Stufen strömt, wird der Kaugummi auf der letzten Stufe in das Nichts mitgerissen, mit ihm die pulvrigen Gedanken an meine Träume und Mama.

 

Ein Gedanke zu „Montagslyriker 9: Laura_auf Goethes Pfadenfährten

  1. “Zwischen Schatten und dem Nichts” ging mir nah.
    Schöne Poesie.
    Wunderbare Vorbilder.
    Viel Erfolg.
    Liebe Grüße
    Olga Polikevic

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