Gentlemen des Ruhrpotts: Ein Soundcheck mit REDUCTION

Die Impericon Never Say Die Tour pflügte wie ein Tornado durch Europa und beherrschte den gesamten November. Unter den Teilnehmern waren die Gentlemen von Reduction – ihr wisst schon, die schlimmen Jungs. 

Die, die lästige Journalistinnen auf die Gästeliste setzen, einem eine Cola ausgeben, mit einem am Merch-Stand plaudern und sich freuen, wenn man zum Konzert kommt. Die richtig schlimme Bande eben. Ja, Reduction sind wirklich anders als so manche Band, die ich dieses Jahr erlebt habe. 

Vielleicht sollten wir die Jungs daher noch einmal genauer unter die Lupe nehmen. So als krönenden Abschluss des Jahres. Ein Soundcheck mit Reduction. 

Aber Vorsicht, sie haben gesellschaftskritische Texte, das ist nicht für jeden geeignet. Hier ist nicht alles Friede, Freude, Insta-Filter. Das ist Beatdown in seiner unverblümten Form. Genau wie Thriller-Autoren ihre Leser mit Serienkillern fesseln, so verwenden Reduction in bester Beatdown-Manier auch mal nicht gendergerechte Formulierungen. Diese Rebellen aus dem Ruhrpott. 

Ich hatte das Vergnügen, die Jungs am 8. November live in Nürnberg auf der Bühne zu erleben – bewaffnet bis unter die Zähne. Aus Sicherheitsgründen. Man will ja nichts riskieren. Und was soll ich sagen? Sie waren wirklich freundlich. Vielleicht haben Reduction auch eine nette Seite? Ihr wisst schon, eine, die einem eine Cola spendiert? Findet es selbst heraus. Das vollständige Interview mit Reduction, insbesondere mit Frontmann Samis, gibt es hier!

Gentlemen des Ruhrpotts: Ein Soundcheck mit Reduction

 

Reduction! Eure Fans freuen sich bestimmt euren Namen zu hören, aber es gibt auch einige Gegenstimmen, die euch als sexistisch, homophob, gewaltverherrlichend etc. beschreiben würde. Was sagt ihr zu diesen Ansichten? Seid ihr die bad boys der Branche oder macht ihr einfach nur Kunst?

Komplizierte Frage und schwer zu beantworten, ohne mich selbst in Widersprüche zu verwickeln….haha.

Homophob? Nein, definitiv nicht. Mein Onkel ist schwul, und ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu ihm. Ich respektiere, liebe und schätze ihn sehr. Meine Geschwister und ich sind damit aufgewachsen, und für uns war es schon immer normal, dass es Männer gibt, die mit Männern Händchen halten. Von Toleranz muss mir also niemand etwas erzählen. Einen liebevollen Gruß an meinen Onkel Micha! Ist es in Ordnung, jemanden als “Schwuchtel” zu bezeichnen? Nein, das ist es nicht. Tue ich es trotzdem? Ja, ich verwende es als Stilmittel, um reale oder fiktive Personen in Texten zu beleidigen (obwohl das schon eine Weile her ist). Ich komme aus einem ganz anderen Umfeld. Ich bin mit Türken, Libanesen, Kurden, Polen, Jugos und was weiß ich alles aufgewachsen. Da ging es oft nicht ganz so gesittet zu, was die Sprache angeht und alle haben sehr ironisch oder beleidigend gesprochen! Für mich ist das normal, weil ich viele Dinge aus einer anderen Perspektive sehen kann und ich weiß, wie etwas gemeint ist. Darüber hinaus muss man sich auch vor Augen halten, welche Art von Musik wir machen, aus welchem Umfeld wir kommen und welchen Werdegang wir haben! Ich denke, dass es viele Leute stört, weil wir explizite Texte auf Deutsch haben. Schau dir amerikanische Bands an. Die sagen nichts anderes. Dort geht es teilweise um Suizid, Mord, Leute umbringen oder um anderen psychisch gestörten Kram. Das stört niemanden, oder die Aufregung darüber ist nicht so groß wie bei uns. Und die spielen auf den ganz großen Bühnen;) Tim Lambesis, zum Beispiel, hahahaha. Er wollte seine Frau umbringen lassen, kam aus dem Gefängnis, entschuldigte sich, und As I Lay Dying wird weiterhin gefeiert. Und mir gehen solche Leute auf die Nerven. Ich glaube, dass die “Szene” nicht wirklich Lust auf glaubwürdige Typen hat, die teilweise das tun oder getan haben, was in den Texten vorkommt. Sie bevorzugen eher Sunnyboys, die auf hart tun, aber im Grunde maximale Weicheier sind!

Ob etwas sexistisch ist, liegt im Auge des Betrachters, denke ich. Wie erwähnt, habe ich einen anderen Bezug zur Sprache und dem Umgang damit. Für den einen mag es maximal sexistisch wirken, für den anderen, der “versteht, wie ich das meine”, ist es nicht. Es kommt immer auf den Kontext an, denke ich. Wie alle habe ich eine Mutter, ich habe eine Schwester, die ich sehr liebe und weibliche Bekannte und Freunde. Alle können bestätigen, dass ich sehr gut erzogen bin und Frauen sehr schätze, wahrscheinlich mehr als so mancher Moralapostel in der Szene.

Zum Thema Gewalt: Nun ja, gegen Rechts und um die Familie zu schützen, ist jedes Mittel recht! Ansonsten verurteile ich sinnlose Gewalt, besonders wenn sie gegen Schwächere aus nichtigen oder sinnlosen Gründen angewendet wird.

Zum Bad-Boy-Image: In der Vergangenheit haben wir leider oft mit vielen Dingen übertrieben. Die ein oder andere Backpfeife, Prügelei oder ein kleiner Hausbesuch waren auch dabei. So etwas spricht sich natürlich herum und verschließt viele Türen. Aber wir haben selbst nie damit gerechnet, dass wir die Band so lange am Leben halten würden und der Gedanke, vielleicht den nächsten Schritt zu machen, war auch sehr lange nicht in unseren Köpfen. Hier möchte ich einen großen Dank an NASTY, Matthi, Paddy und die Jungs aussprechen. Sie standen uns immer zur Seite, haben mich in einigen Dingen rehabilitiert und in die “normale” Gesellschaft integriert! Hätte ich früher auf einige Ratschläge gehört, wären wir definitiv anders weit gekommen. XD

 

Foto: Hülya Cebeci

 

Die sozialen Medien, allen voran, Instagram zensiert gerne auch mal Musik, die nicht der gewünschten, gesellschaftlich anerkannten Norm entspricht. Zensur in der Kunst? Ist das okay?

Gute Frage. Soziale Medien im Allgemeinen tun der Menschheit nicht gut; durch sie wurde alles komplett übertrieben! Ich denke nicht, dass man Kunst zensieren sollte. Viele Künstler machen das ja teilweise schon fast von selbst, um auf der Erfolgswelle weiter mitschwimmen zu dürfen. Aber man sollte mehr für den Jugendschutz tun und dafür sorgen, dass Kinder nicht an alles rankommen… Ansonsten denke ich, dass immer mal wieder eine neue Agenda gefahren wird und die “Norm” verschoben wird. Manchmal geht es in eine sehr skurrile Richtung, besonders wenn man dafür gesperrt wird, dass man tatsächlich auf Missstände hinweisen möchte. Schwierig wird es bei Themen, die unter dem Deckmantel der künstlerischen Freiheit verfasst werden und offensichtlich Randgruppen, Andersdenkende oder Ethnien diskreditieren. Ich bin nicht in der Position, darüber zu entscheiden, aber in dem Punkt würde ich zensieren!

 

Eure Texte sind durchaus gesellschaftskritisch. Natürlich hat jeder Song einen Kontext. Wie seht ihr die aktuelle, gesellschaftliche Lage? Vor allem auch im Hinblick auf den Wandel in den letzten Jahren.

Abwärtsspirale, lachend in die Kreissäge…? Circa 2,5 Jahre Pandemie, und dann gibt es einen Krieg um die Ecke, während sich die Menschen um Themen wie eine Toilette für das dritte Geschlecht kümmern??? Ich finde die Welt, in der wir leben, nur noch schlimm und dümmlich… Kennst du den Film “Idiocracy”? Kinder verblöden dank TikTok, der Staat kümmert sich einen Dreck um seine Bürger, und alles geht den Bach runter und wird teurer. Heutzutage ist alles zu schnelllebig, die Generation nach mir tut mir leid… Wir hatten schon einen Schaden, aber die sind ja komplett am Ende… Falsche Vorbilder, falsche Moral, falsche Sicht auf sich selbst und keiner hat mehr Bock auf irgendwas… Und die können nicht einmal etwas dafür! Es gibt nach meinem Gefühl keine Mitte mehr. Wenn man diskutieren will, kommt man schwer auf einen Nenner, weil alle so festgefahren sind und sich nichts mehr annehmen. Das ist traurig. Ich glaube, es dauert nicht mehr lange, dann knallt es.

 

Viele wissen gar nicht, dass es euch schon fast gute zwei Jahrzehnte gibt. Wenn ihr so auf euren Weg, auf eure Entwicklung zurückblickt, was waren die Highlights? Was waren die Downs?

Größtes Highlight: Meine PRIMITIVE VOKUHILA!!!! Jede Show war ein Highlight, selbst wenn die Show oder wir schlecht waren. Es gab immer jemanden, der sich die Mühe gemacht hat, uns zu buchen und einen geilen Abend zu haben. Dafür bin ich jedem dankbar! Die Anfangszeit, in der alles unbeschwert und unüberlegt war, war aus meiner Sicht die beste Zeit. Die Menschen, die unsere Musik gehört haben, waren anders Wyld. Es war nicht so verkopft, Themen wurden verstanden, unsere Ironie wurde verstanden. Natürlich gab es auch Hater, aber mit denen konnte man anders umgehen… Jeder konnte machen, was er wollte und sein, wie er wollte. Niemand (solange er nicht rechts war) wurde verurteilt. Klar, es knallte damals öfter auf Shows, aber das gehörte einfach dazu. Stress wurde dennoch schnell geklärt und man hat sich dann trotzdem auf der nächsten Show wieder gesehen. Die frühere Zeit ist für mich ein Highlight, weil sie meine Jugend geprägt und begleitet hat. Ich verbinde damit natürlich sehr viel und kann das nicht objektiv betrachten. Heute ist auch cool, aber es kommen und gehen viele Bands und Leute. Es fühlt sich alles nicht mehr so einig an wie damals, aber das kann auch daran liegen, dass ich ein verbitterter alter Typ bin, haha. Downs, also meine Tiefs, sind definitiv zu viel Alkohol vor und während der Show sowie mein Benehmen, das mir heute mehr als unangenehm ist. Ich war halt ein kleiner “Tough Guy” und wollte mich immer beweisen. Höchstwahrscheinlich auch einer der Gründe, warum Reduction nie wirklich große Shows gespielt hat!

 

 

Die Musikbranche hat sich in den letzten Jahren sehr verändert. Vor allem durch das Internet. Wie habt ihr es empfunden? Fluch oder Segen?

Wir haben uns zur Zeit von Myspace gegründet. Natürlich war das für Bands wie uns ein Segen. Wir hatten viele Follower, viele Klicks auf unsere Songs und es fühlte sich irgendwie früher “wirksamer” an als heute. Das liegt aber auch daran, dass es nicht so viele Bands gab. Heutzutage ist es ein Kommen und Gehen und viele Bands setzen neue Trends, auf die Bands wie wir reagieren und mitziehen müssen. Ein Fluch ist es, sich selbst darstellen zu müssen, besonders in der Szene, in der wir uns bewegen. Ich bin irgendwie so ein halbwissender Marketingtyp, gepaart mit einem schlechten Content Creator, nur um irgendwie die Band oder mich zu promoten. Es gibt nicht mehr dieses Mysterium um eine Band! Früher hat man damit gelebt und das war auch nochmal ein Faktor, warum man eine Band gefeiert hat. Heutzutage kennt man alles von einer Band und das ist für mich teilweise ein Minuspunkt, wenn ich eine Band gut finde. Ich schaue auf deren Instagram und sehe, dass es die größten Affen sind, mit denen ich nicht einmal in einem Raum sein möchte. Das macht für mich vieles kaputt und die Musik wird dann unhörbar, aber leider müssen wir da mitziehen. So ist es auch mit der Schnelllebigkeit der Musik. Damals war man froh, wenn man einmal oder alle zwei Jahre etwas Neues von seiner Lieblingsband gehört hat. Heute schreiben Leute einen nach zwei Monaten an, ob es einen noch gibt, weil wir ja so “lange” nichts mehr released haben. Es gibt zu viele Bands, viele, die meiner Meinung nach schlechter sind als wir, aber einen Hype generieren konnten. Das wurmt mich natürlich, aber so läuft das Spiel eben. Musik und das, was dahinter steckt, werden einfach nicht mehr wertgeschätzt. Dank Spotify sind wir nur noch Akkordmusiker geworden, die ständig darauf achten müssen, den Algorithmus zu füttern oder in eine Playlist zu kommen, um mit der Konkurrenz mithalten zu können. Videos sind umsonst auf YouTube, die veröffentlichten Songs sind quasi umsonst auf verschiedenen Plattformen und Bands wie wir bekommen so gut wie nichts vom Stück Kuchen ab, da alles selbstverständlich geworden ist!!! An dieser Stelle, danke an jeden einzelnen, der sein Geld für unseren Merch ausgibt!!! Ansonsten ist es ein Trend geworden, dass irgendwelche “Szene-Influencer*innen” darüber entscheiden, dich groß zu machen oder klein zu halten. In den meisten Fällen werden natürlich große Bands unterstützt, weil Management und Co. Connections haben, dafür zahlen oder sonst etwas, um die Reichweite der Personen zu nutzen. Das geht mir persönlich richtig auf den Sack, weil was können die meisten denn??? Man muss heutzutage einfach viel mehr sein als nur ein “Musiker”. Du kannst der begnadetste Musiker sein, fehlt dir das Verständnis für Promo oder wie man etwas im Internet präsentiert, wird sich keiner für dich interessieren, leider! Über das Thema könnte ich noch tagelang erzählen, aber damit würde ich auf zu viele Füße treten 🙂 Fakt ist, der meiste Support kommt von Leuten, die einen nicht einmal persönlich kennen!

 

Euer neuester Song JEBIGA hat ja vor einiger Zeit das Licht der Musikwelt erblickt. Vom ersten Gedanken bis zur Aufnahme, wie war der Weg?

Songs entstehen bei uns immer relativ unspektakulär. Zuerst kommt ein Riff, dann wird die Idee weitergesponnen und nebenbei, wenn der Vibe stimmt, fällt mir textlich direkt etwas ein. Mit Reduction haben wir sehr viel Glück. Tommy, unser Gitarrist, ist sehr versiert in Aufnahme- und Mischtechniken. Deswegen haben wir unsere “Ideen” direkt in beeindruckender Qualität und wissen auch sofort, wie etwas klingen muss! Genauso ist auch “JEBIGA” entstanden, was auf Deutsch übersetzt so viel wie “Scheiß drauf” bedeutet.

 

 

Was würdet ihr euren Hatern gerne mitgeben?

Es kommt auf die Art der “Hater” an. Den einen würde ich gerne zeigen, wie hart meine Faust ist; mit dem anderen würde ich mich sehr gerne unterhalten und diverse “Missstände” oder “Vorurteile” aus der Welt schaffen – was auch oft genug der Fall war! Ich verstehe natürlich, dass einige sensible Menschen nicht mit unserer Attitüde klarkommen. Dennoch bin ich nicht auf den Kopf gefallen und stehe immer offen für Kritik und Gespräche, damit der oder diejenige auch mal die andere Sicht kennt! Ansonsten gibt es auch die, mit denen es sich nicht lohnt. Die meinen, weil sie sich verbal überlegener fühlen und im 18. Semester irgendeinen Quatsch studieren, dir jedes Wort im Mund umdrehen zu müssen. Da verschwende ich keinen Atemzug!

 

Junge Bands, die sich gerade erst finden und formatieren und richtig durchstarten wollen. Was wären die Tipps von euch? Worauf sollten sie achten oder wovon sollten sie die Finger lassen?

Puh, gute Frage. Es ist wie im Leben; manchmal musst du steinige Wege gehen, um ans Ziel zu gelangen! Das, was bei uns nicht funktioniert hat, kann natürlich bei anderen voll zum Erfolg führen. Man sollte sich klarmachen, was man will. Will man die 10.000ste Band sein, die alles Dagewesene wiederholt? Will man Musik nur für die 20 Homeboys machen, oder will man tatsächlich etwas damit erreichen? Wichtig ist definitiv ein Alleinstellungsmerkmal. Wie das aussehen könnte, kann ich dir aber auch nicht sagen, hahahah. Macht euer Ding, probiert euch aus, und BITTE steht bei eurer ersten Show nicht wie Schlaftabletten auf der Bühne, die es selbst kaum erwarten können, wieder von der Bühne zu steppen!!! Live ist Performance alles. Seid überzeugt von dem, was ihr macht und schert euch nicht darum, wie viele Leute euch zuschauen!

 

Worauf können sich eure Fans demnächst freuen? Was steht in diesem Jahr noch an?

Auf unseren Song “The Darkness”. Viel Spaß damit 🙂

 

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Die berühmten letzten Worte gehören euch!

Danke dir Mia, dass du uns die Möglichkeit gegeben hast ein paar Fragen zu beantworten. Und ansonsten checkt folgende Bands: D.E.E.P , HARDMIND, CONSVMER, DVST, WHATEVER IT TAKES, FALLBRAWL, IMPALER, IAM REVENGE, NO WAY OUT58.

 

Danke REDUCTION!

 

 

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