Der Klangmacher – Die Musik-Kolumne (2)

Michael Seifert ist nicht nur ein erfahrener Mixing & Mastering Engineer, sondern auch der Gründer von Meltdown Metal Studios – einer Plattform für professionelles Mixing & Mastering, spezialisiert auf Heavy Music.

Unsere Musik-Kolumne, die alle zwei Wochen erscheint, dreht sich voll und ganz um Musik und Produktion. Michael teilt wertvolle Informationen rund um das Recording und die Musikproduktion mit uns. Ich kümmere mich um die Textverarbeitung und setze alles um, was er mir erzählt. Wir hoffen, dass euch die Tipps gefallen.

Viel Freude beim Lesen! Wir wünschen euch jede Menge nützliche Anregungen.

Die Kolumne steht jederzeit als PDF zum Download bereit.

Der Klangmacher 2

 

Im ersten Teil gaben wir euch Tipps zum Set-Up. Im zweiten Teil erfahrt ihr, welches Acoustic Treatment wirklich hilft und warum es für professionelle Aufnahmen so essenziell ist.

 

  1. Das richtige Acoustic Treatment:

Beim Vocal-Recording ist es entscheidend, die Aufnahmen möglichst “trocken” zu gestalten, da alle Nebengeräusche mit aufgenommen werden. Insbesondere im modernen Metal werden die Vocals später in der Produktion stark komprimiert, um einen aggressiven Sound zu erzielen. Dies wird vor allem im Mixing mit Processing und Kompression hörbar. Gleiches gilt für den Raum und dessen Reflexionen beim Vocal-Recording.

 

(Meltdown Metal Studios bietet Bands, mit denen wir zusammenarbeiten, “Qualichecks” an. Dabei prüfen wir die Qualität der Rohaufnahmen frühzeitig, um mögliche Probleme zu identifizieren und den Bands Tipps für qualitativ bessere Aufnahmen zu geben. Dies geschieht vor dem eigentlichen Produktionszeitraum, damit die Bands entspannt die Rohspuren neu aufnehmen können.)

 

Häufige akustische Störquellen beim Recording:

 

  • Raum mit wenig/falschem/oder keinem Acoustic Treatment
  • Laute PC-Lüfter
  • Störgeräusche von der Außenwelt
  • Sound vom Monitortrack/Headphonemix (Kopfhörerbleeding)

 

(Mehr dazu im 3. Teil “Das eigentliche Recording/Die Performance”)

 

Was passiert, wenn wir Vocal-Recordings in einem Raum ohne Acoustic Treatment durchführen? 

Egal in welchem Raum wir uns befinden, sobald Schallwellen (z.B. unsere Stimme) auf Objekte (z.B. Wände) treffen, werden diese Schallwellen reflektiert. Diese Reflexionen erreichen unser Ohr (und beim Vocal-Recording auch unser Mikrofon) später als unsere eigentliche Stimme. Das menschliche Hirn interpretiert diese Verzögerung/Nachhall als “Raum”. Je länger diese Schallreflexion zu unserem Ohr braucht, umso größer klingt/wirkt der Raum für uns. Der Klangquelle (in diesem Fall unsere Stimme) klingt “weiter weg”. Genau das ist das Gegenteil von dem, was wir beim Vocal-Recording erreichen wollen. Wie bereits erwähnt, ist dies äußerst nachteilig für Gesangsaufnahmen und führt zu einem matschigen, undefinierten Sound, der im Mix nicht “vorne steht”.

 

Das optimale Acoustic Treatment:

Für Vocal-Recordings empfiehlt sich die Verwendung von Mikrofonen mit Nierencharakteristik, wie etwa das im vorherigen Artikel vorgestellte Shure Sm7b. Diese Charakteristik fokussiert sich auf den frontalen Schallinput (die Position des Sängers), während seitliche Geräusche leiser (aber immer noch hörbar) sind. Alles, was sich hinter dem Mikrofon abspielt, landet praktisch nicht in der Tonspur – der sogenannte “Nullpunkt”. Das erfordert Acoustic Treatment, das den Schall hauptsächlich über dem Mikrofon, an den Seiten und hinter dem Sänger absorbiert.

 

Vocal Booth/Gesangskabine:

Die beste Lösung ist eine Gesangskabine (Vocal Booth). Es gibt viele Anleitungen im Internet, um DIY-Gesangskabinen kostengünstig selbst zu bauen. Es erfordert zwar etwas Arbeitszeit, sichert jedoch langfristig hochwertige Vocalaufnahmen. Hier ist zum Beispiel eine Anleitung:

 

 

Isolationsboxen/”Isovox” – Boxen:

Isolationsboxen wie die von “Isovox” schirmen den Kopf und alles um das Mikrofon herum komplett ab. Sie funktionieren gut, jedoch ist bei einem Vergleich des Preis-Leistungs-Verhältnisses zwischen einer selbstgebauten Vocal Booth und den Isovox-Boxen die selbstgebaute Vocal Booth definitiv die bessere Wahl.

 

Was wenig bzw. gar nicht hilft:

 

Kleiderschrank:

Die Annahme, dass die Kleidung im Kleiderschrank ausreicht, um Reflexionen zu vermeiden, ist leider nicht korrekt. Die Kleidung allein reicht bei Weitem nicht aus. Statt eines trockenen Vocalsounds erhaltet ihr lediglich Aufnahmen, die klingen, als wären sie in einem kleinen Raum entstanden.

 

Reflexionsfilter/Micscreen/portable Absorber/Diffusoren:

Portable “Reflexionsfilter”, die hinter dem Mikro montiert werden, sollen den Schall vor allem von hinten und ein wenig an den Seiten abfangen. Diese Filter absorbieren jedoch hauptsächlich hinter dem Mikrofon, nicht über, hinter oder um den Sänger herum. Der “Nullpunkt” befindet sich hinter dem Mikrofon, und die meisten Schallreflexionen kommen von der Decke und den Seitenwänden.

 

Eine dicke Decke über sich hängen beim Recording:

Es mag überraschend klingen, aber je nach Stoff und Dicke ist dies unter den schlechten Alternativen noch die “beste”.

Es ist wichtig, sich immer zu fragen, was mit den Vocal-Recordings erreicht werden soll und welche Ziele verfolgt werden. Wenn ihr als Hobby ein wenig Gesang oder einen Podcast aufnehmen möchtet, reicht es wahrscheinlich aus, in einem Raum mit vielen Gegenständen/Möbeln zu sitzen, um etwas Schall zu absorbieren. Wenn ihr jedoch als Band/Artist mehr als nur Demoaufnahmen machen und Rohspuren für eine professionelle Produktion mit einem spezialisierten Mixing & Mastering Engineer aufnehmen möchtet, empfehle ich dringend den Bau einer Vocal Booth. Einmal gebaut, bedeutet dauerhaft gute Aufnahmen.

 

Der Klangmacher 2

 

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